Nahtoderfahrung 1996

11. August 2022

7 Minuten, die alles veränderten

Vor 1 Jahr veröffentlichte ich meine Nahtoderfahrung auf www.nderf.org. Dies war schon lange ein Herzenswunsch und nun war es soweit. Nderf.org ist das größte Netzwerk zum Thema Nahtoderfahrungen, fast täglich werden hier neue Erlebnisse veröffentlicht. Wenn man sich dazu entschließt, sein eigenes Erlebnis dort mit dem World Wide Web zu teilen, dann ist es mit dem Reinstellen der bloßen Erfahrung nicht getan. Man bekommt zusätzlich die Möglichkeit, auf ca. 60 tiefgehende Fragen zu den einzelnen Bestandteilen der Erfahrung Stellung zu nehmen. Die Organisation hat es sich neben der größten Plattform für Veröffentlichungen auch zur Aufgabe gemacht, das Thema wissenschaftlich zu ergründen, sofern dies überhaupt möglich ist. Wer eine Nahtoderfahrung selbst erlebt, benötigt gewiss keine wissenschaftliche Begründung hierfür. Man ist sich völlig klar darüber, dass das was einem widerfahren ist, nichts mit Glückshormonausschüttungen durch eine lebensbedrohliche Situation oder irgendwelcher Bilder, die das Gehirn im Notfall ausspuckt, zu tun hat. Denn, auch wenn eine Nahtoderfahrung in "Erd-Zeit" gemessen meist nur wenige Sekunden oder Minuten andauert, so ist nichts so tiefgreifend und dauerhaft lebensverändernd - wenigstens darüber ist sich die Wissenschaft mittlerweile einig.


Auf die vielen Fragen die richtigen Worte zu finden, hat einiges an Zeit in Anspruch genommen. Meine Erfahrung samt beantworteter Fragen kann man im Archiv auf www.nderf.org unter folgender Bezeichnung finden: Nummer 4945 Beatrice W. 15.8.2021 NTE 9251 oder diesen Link anklicken: http://www.nderf.org/German/beatrice_w_nte.htm. Ehrenamtliche Mitarbeiter übersetzen die Erlebnisberichte in viele Sprachen, sodass sich auch immer wieder mal einige Übersetzungsfehler einschleichen, wodurch manche Passagen mitunter etwas holprig zu lesen sind. Hierfür sollte man Verständnis haben.


Dazu, wie Nahtoderfahrungen das Leben verändern, werde ich in weiteren Beiträgen tiefer einsteigen, nun aber zu meinem Erlebnis:



Es geschah im Sommer 1996, ich war damals 20 Jahre alt und mit meinem damaligen Freund und etlichen anderen Personen auf dem Weg zu einem öffentlichen Fest an einem Badesee. Es war ein angenehm warmer Sommerabend, ca. 22 Uhr. Mein Freund und ich waren zuvor in einem Restaurant essen gewesen, nach dem Essen fragte er mich, was ich "da für komische rote Flecke am Hals" hätte. Ich bin Allergikerin seit frühester Kindheit, aber Hautreaktionen gehörten eigentlich nie zu meinen Symptomen. Auf dem gut 200 Meter langen Fußweg zum Eingang der Veranstaltung bemerkte ich leichte Kreislaufprobleme. Als wir dann am Festgelände angekommen waren und gerade beim Betreten des Eingangsbereiches waren, passierte es: Ich wurde ohnmächtig. Ich erinnere mich noch, dass mir schwarz vor Augen wurde und ich mich nicht mehr auf den Beinen halten konnte, wobei ich noch dazu fähig war, von hinten an die Jacke meines Freundes zu greifen, um mich festzuhalten. Dieser drehte sich um und sah, wie sich meine Augen nach hinten verdrehten. Der Bekannte, der hinter mir lief, konnte mich gerade noch auffangen. Sie trugen mich wieder auf den asphaltierten Weg vor dem Eingang zurück und legten mich auf den Boden und es wurde der Rettungswagen gerufen. Von all dem bekam ich nichts mit. Während ich für meine Freunde "einfach nur still da lag", befand ich mich auf einer Reise, die mein ganzes späteres Leben komplett umkrempelte.


Zunächst war da einfach Nichts. Ohne Erinnerung. Dann hörte ich plötzlich eine Art Surren, gefolgt von einem leisen Knall, wie ein Plopp-Geräusch und ich verließ meinen Körper über eine Öffnung am Kopf und war draußen. Einfach so, es ging ganz automatisch, ohne mein Zutun. Ich war von einem schwarzen Nichts umgeben und fand diesen Zustand zunächst etwas merkwürdig und unangenehm. Ich musste mich erst orientieren und bemerkte, dass ich, obwohl ich meinen Körper nicht mehr sehen konnte, trotzdem immer noch ICH war und zwar ganz genau so, wie vorher auch. Ich war nicht auf einmal erleuchtet oder eine andere Person, sondern immer noch ich, so wie ich es mit 20 Jahren war, mit all meinen Gefühlen, meinen Charaktereigenschaften und meinem Denken. Ich stellte diesen Zustand nicht in Frage, normalerweise würde man doch auf das Geschehene panisch reagieren und sich im Dunkeln den Körper abklopfen, um sich zu vergewissern, dass noch alles am rechten Fleck ist. Dem war aber nicht so, ich kam gar nicht auf die Idee meinen Zustand zu hinterfragen. Einen Körper zu haben oder nicht, spielte überhaupt keine Rolle, vielleicht war er durchsichtig, aber wie gesagt, ich machte mir darüber keine Gedanken. Ich fühlte mich gut, leicht und befreit. Ich war pures Bewusstsein. Ich hatte einen klaren Verstand, einen festen Willen und eine kristallklare Wahrnehmung, und ich verfügte über zusätzliche Fähigkeiten, die im irdischen Leben nicht möglich sind.


Ich befand mich in diesem schwarzen Nichts, umgeben von nichts anderem als schwarzer Unendlichkeit. Diese Schwärze fühlte sich dabei nicht dunkel, beängstigend oder leer an. Ganz im Gegenteil: Ich fühlte mich zunehmend wohler. Ich war mehr ICH als jemals zuvor und ich wusste, dass unten auf der Erde mein Körper lag und ich mich immer weiter davon weg nach oben bewegte, und ich wunderte mich auch darüber, dass ich das wusste. Ich wusste, dass ich meinen irdischen Körper abgestreift hatte, wie einen Pullover, den man abends vor dem Schlafengehen auszieht. Ich hatte meine Rolle abgestreift, meine Rolle, die ich in diesem Leben auf der Erde gespielt hatte, wie eine Rolle in einem Spielfilm. Und jetzt war ich wieder ICH. Das war ein sehr befreiendes Gefühl. Das Nichts, in dem ich mich befand und immer mehr Teil davon wurde, war einfach UNENDLICH. Es gab keine Zeit und keinen Raum, wie man es hier auf der Erde kennt. Und dabei war doch alles vollkommen normal und mir zutiefst vertraut. Ich fing an, mich in diesem unendlichen schwarzen Raum zu bewegen, ich konnte mich durch meine Gedanken innerhalb dieser Unendlichkeit förmlich hin und her beamen. Ich musste nur denken "ich will nach da hinten" und schon war ich dort. Dort angekommen dachte ich, "ich will dorthin" und schon war ich auch da, ich flog kreuz und quer durch das schwarze Universum. Es hatte einfach kein Ende, es war einfach unbegrenzt. Ich konnte auch meine eigene Größe darin verändern, mal machte ich mich klein, mal dehnte ich mich riesengroß auf das Unendliche aus. Das war ein großartiges Gefühl und ich probierte immer mehr aus und spielte damit. Ich genoss die Weite und Unbegrenztheit. Ich fühlte mich unbeschreiblich wohl, geborgen und unendlich FREI. Es war Freiheit pur und einfach das Natürlichste von der Welt, als ob ich nie etwas anderes gemacht hätte. Und ich wusste, DAS ist meine Heimat, mein ursprüngliches SEIN, unser aller ursprüngliches Sein, unser ALLER Seelenheimat. Hier komme ich her und hier gehöre ich hin. Hier kommen wir alle her und hierhin kehren wir alle wieder zurück. Ein zutiefst vertrautes Gefühl von HEIMAT und ZUGEHÖRIGKEIT erfüllte mich völlig. Ich war EINS mit allem. Es gibt keine irdischen Worte, mit denen es mir möglich ist, dieses tief verankerte Wissen, dieses Erinnern und dieses geliebte Heimatgefühl zu beschreiben.


Das Hin-und-her-Beamen mit der Leichtigkeit meiner Gedanken, das Ausdehnen, aber auch an einer Stelle ruhen und mich in dem wohligen Gefühl wiegen, ging eine ganze Weile, wobei ich mir darüber bewusst war, dass ich mich immer weiter nach oben bewegte. Wenn ich es mit weltlichen Maßangaben vergleichen würde, dann würde ich es mit einem 45 Grad Winkel vergleichen. Ich konnte zwar mit meinen Bewegungen in diesem unendlichen Raum spielen, aber dennoch wurde ich auch wie von einem Autopiloten gelenkt und immer weiter nach oben gezogen.


Ungefähr auf halber Höhe drang aus den Tiefen dieses schwarzen Universums eine leise Musik zu mir heran, sie war zunächst sehr weit weg und kaum wahrnehmbar, weckte aber mein Interesse. Die Klänge kamen rasch näher und wurden dabei immer lauter, bis sie mich schließlich erreichten und mich ganz durchdrangen. Ich hatte eine solche Musik noch nie zuvor gehört. Sie war sehr rhythmisch und melodisch und sphärisch zugleich. Die Rhythmik darin war einzigartig. Ich fand die Musik zunächst insgesamt etwas merkwürdig. Je mehr mich jedoch die Klänge und der Rhythmus durchdrungen, desto mehr wurde ich Teil davon und verschmolz mit ihnen. Ich fing an, mich nach der Musik zu bewegen. Ich bewegte mich derart, wie ich mich noch nie zuvor zu einer Musik bewegt hatte. Das war zunächst merkwürdig, denn mit 20 Jahren dachte ich, dass ich einige Erfahrung mit Tanzen und Musik hatte. Aber das hier war so ganz anders und es wurde immer besser. Ich fühlte die Klänge tief in mir, ich war eins mit ihnen. Ich fühlte mich großartig und dieser Zustand hätte ewig so weitergehen können. Ich war eins mit der Musik tanzte durch das Universum!


Diese Phase dauerte eine ganze Weile, bis die Musik zunehmend verblasste. Es war, als ob die Musik nur auf einer bestimmten Höhe auf meinem Weg von unten nach oben verortet war und ich diese Sphäre nun verlassen hatte, weil ich mich einfach weiter nach oben bewegte. Ich bemerkte, dass ich nun selbst auch keinen Einfluss mehr auf meine Art der Fortbewegung hatte. Weder konnte ich die Geschwindigkeit bestimmen, noch sonst irgendetwas. Ich wurde ab jetzt nur noch per Autopilot gesteuert, es ging dabei weiter beständig aufwärts. Ich spürte, dass ich bald an meinem Ziel ankommen würde, eine große Vorfreude ergriff mich. Wie die Motten, die sprichwörtlich vom Licht angezogen werden, solch eine große Anziehungskraft hatte dieses imaginäre Ziel auf mich. Ich wusste zwar nicht, was mich genau an meinem Ziel erwarten würde, aber ich hatte das unbändige Verlangen, es heraus zu finden. Ich wollte dort hin und nichts konnte oder sollte mich davon abbringen. Es war ein Gefühl, wie kurz vor dem Zieleinlauf. Ich wunderte mich dabei über dieses starke Verlangen in mir, hatte ich doch bisher ein wirklich schönes und aufregendes Leben auf der Erde gehabt, aber es war, als ob die Erinnerung an mein jetziges Leben, je mehr ich mich davon weg bewegte, immer stärker verblasste und es war fast vergessen, wie "aus den Augen - aus dem Sinn". Es war völlig unwichtig geworden, es zählte nur noch, dass ich endlich wieder NACH HAUSE kommen wollte.


Die Fahrt verlangsamte sich und ich spürte, dass das Ziel zum Greifen nah war, ich jeden Moment ankommen würde. Plötzlich stoppte die Fahrt und es ging nicht mehr weiter. Ich spürte Frust in mir aufkommen, ich wollte unbedingt weiter, ich ahnte nicht mehr nur, sondern ich WUSSTE jetzt, dass hinter dieser Grenze, die sich mir nun in den Weg stellte, die Erfüllung liegt: Unser aller Seelenheimat, meine geliebte Heimat, mein Ursprung, alles was ich bin, der Ort der puren Glückseligkeit, einfach ALLES!

Ich versuchte mit allen Fähigkeiten, die ich vorher so gut beherrschte, weiter voran zu kommen, aber es gelang mir partout nicht, ich kam gegen diese unsichtbare Grenze nicht an, so sehr ich auch diesen einen Wunsch hatte: Ich will wissen, was dahinter ist und wie es weiter geht. Ich will da hinein! Ich versuchte mehrmals, mich hinter die Grenze zu beamen, aber es gelang mir nicht.


Wie ich mich so abmühte, drang aus den Tiefen des Universums eine Stimme, zunächst leise und sehr weit weg, aber sie kam schnell näher und wurde lauter, bis sie ganz nah war und von allen Seiten um mich herum und durch mich hindurch schallte. Es war eine männliche Stimme, klar und deutlich, mächtig und bestimmend. Eine Stimme, der man normalerweise nie widersprechen würde.

Die Stimme sagte: "Bea, du kannst hier nicht weiter gehen. Für dich ist hier Schluss." Ich wunderte mich, wer denn da zu mir sprach, hätte ich doch nur mal gefragt, aber auf diese Idee kam ich in dem Moment nicht. Auch fragte ich mich, woher diese Stimme meinen Spitznamen kennt. Aber anstatt nachzufragen, hatte ich nur Eins im Sinn und gab das auch gleich frech zum Ausdruck: " Ich will aber." Das waren wirklich meine Worte, und ich war über mich selbst erstaunt, dieser mächtigen Präsenz gegenüber meinen Willen durchsetzen zu wollen.

Die Stimme sagte wieder: "Du kannst hier nicht bleiben, du musst wieder zurück." Das schockte mich sehr, es platzte aus mir heraus: "Da bringen mich keine zehn Pferde wieder zurück." Und ich erschrak über meine eigene Wortwahl, aber ich fühlte in diesem Moment wirklich ganz genau so. Die Vorstellung, wo ich der Heimat jetzt schon so nah war, noch einmal umzukehren, in mein altes Leben zurück, war für mich zerschmetternd. Ich wunderte mich auch selbst sehr darüber, denn mein Leben war ein Gutes bis dahin. Aber ich wollte einfach jetzt heim und nicht wieder zurück, egal was dort auch sei.

Ich erhielt eine Art innere Bilder, ich kann nicht sagen, dass ich das was nun kam, tatsächlich gesehen habe, so wie man hier auf der Erde mit menschlichen Augen sieht, es war mehr eine Art inneres Sehen. Ich sah plötzlich meinen Freund, bzw. er wurde mir gezeigt, wie er dort unten auf der Erde meine Beine hochhielt, mein Körper lag auf dem Rücken auf dem schwarzen Asphalt und er rief dabei immer wieder laut meinen Namen: "Bea - Bea!" Ich war plötzlich in ihm drinnen, in seinem Brustkorb und spürte seine Verzweiflung, aber auch seine ganze Liebe, die er für mich empfand. Dieses Gefühl war unglaublich, überwältigend, nie hatte ich ein solches Gefühl jemals davor oder danach erlebt. Ein Gefühl von solcher Liebe, alle Liebe von ihm durch alle Gezeiten und die ganze Liebe des Universums in einem einzigen Gefühl vereint.

Und die Stimme sagte zu mir: "Der S.... liebt dich und wartet auf dich." Ich entschied: " Er wird darüber hinwegkommen und sein Leben auch ohne mich weiterleben können." Ich erschrak abermals über die Härte meiner Entscheidung.

Dann wurden mir meine Eltern vor meinem inneren Auge gezeigt und die Stimme sagte: "Deine Eltern brauchen dich und du musst dich um sie kümmern." Da war ich in der Zwickmühle, ich dachte an meine Mutter und fühlte, dass sie etwas länger brauchen würde, um meinen Verlust zu verkraften, aber ich war optimistisch, dass sie meine Entscheidung verstehen würde. Und so antwortete ich: "Sie wird auch irgendwann darüber hinwegkommen und sie kommen beide auch ohne mich zurecht." Mein Entschluss stand fest: Ich wollte hinter die Grenze, ich wollte weiter gehen, endlich nach Hause, endlich daheim ankommen.


Die Stimme antwortete ruhig und beharrlich: "Nein, du musst wieder zurück. Du musst erst noch deine Aufgaben erfüllen." Das verstand ich nicht. Welche Aufgaben? Ich dachte mir: "Was ist denn das für ein hochtrabendes Geschwätz? Welche Aufgaben denn?" So dachte ich tatsächlich, in genau dieser Formulierung. Wie gesagt, ich war 20 Jahre alt und habe ständig Widerworte gegeben. Sorry für die Desillusionierung, wir sind nicht erleuchtet, wenn wir unseren Körper verlassen, sondern besitzen immer noch alle Facetten unserer Identität. Wie dem auch sei, meine Gedanken sind bestimmt gehört worden, aber es kam keine Antwort. Leider.


Der Satz: „Du musst erst noch deine Aufgaben erfüllen.“ hallte gefühlt noch eine Weile in mir nach und ich rätselte, was damit wohl gemeint war. Es war wie ein Auftrag, der mir erteilt wurde.


Da ich keine Antwort darauf hatte, versuchte ich noch ein paar Mal mit aller Kraft die unsichtbare Grenze zu überwinden, aber es half alles nichts. Es folgte eine Art Schups, wie mit Druckluft wurde ich zurück geschupst und fiel in steilem Tempo geradewegs auf direktem Weg nach unten Richtung Erde und meines Körpers. Ein zutiefst niederschmetterndes Gefühl durchfuhr mich, ich fühlte mich abgewiesen und verloren. Auf halber Höhe, dort, wo auf dem Hinweg die schöne Musik zu hören war, wünschte ich mir die Musik noch einmal sehnlichst herbei. Was hätte ich drum gegeben, mich nur noch einmal mit den Klängen verschmelzen zu können. Aber es ging nur weiter rasch gen Erdboden. Ich realisierte langsam, dass ich tatsächlich in mein altes Leben zurückmuss. Die Fahrt wurde abrupt langsamer und ich wusste, nun bin ich kurz oberhalb meines Körpers. Schließlich tauchte ich in meinen Körper wieder ein.


Es war dunkel, aber anders dunkel als in der Unendlichkeit des Universums zuvor. Es war dunkel und ich fühlte mich klein darin und verloren. Zugleich war es unbeschreiblich eng, ich fühlte mich wie in eine Presswurst hineingezwängt und ich dachte: "Ist das so eng, weil ich so dünn bin?" Ich gab mir sofort selbst die Antwort: "Das ist immer so eng, auch wenn man 1 Meter breit ist." Ich empfand diese Enge wie einen starken körperlichen Schmerz. Ich hatte zudem das schrecklichste Gefühl von Heimweh, das man sich überhaupt nur vorstellen kann und verharrte in völliger Resignation: "Jetzt muss ich dieses Leben wirklich zu Ende leben." Diese Vorstellung ließ mich augenblicklich depressiv werden. Ich kannte solche Gefühl nicht aus meinem bisherigen Leben und hatte es seitdem auch in diesem Ausmaß nie wieder gehabt. Aber in diesem Moment war es sehr schlimm und ich wusste, wenn ich mich nicht mit positiven Gedanken dazu bringen könne, dieses depressive Gefühl umzuwandeln, dass ich dann für den Rest meines Lebens depressiv bleiben würde. Das war eine schreckliche Vorstellung. Welch Gefühlskarussell, eben noch der Heimat zum Greifen nah und in himmlischer Vorfreude – und jetzt so deprimiert und traurig wie noch nie zuvor. Es musste eine Lösung herbei. So konnte es nicht bleiben. So versuchte ich, mich emotional zu fangen. Ich scannte meine Gefühle förmlich nach positiven Ansätzen ab, bis ich fündig wurde. Erinnerungen aus meinem bisherigen Leben tauchten auf, die mich positiv stimmten. Mein Leben war doch ganz O.K. bis dato, ja es war doch auch sehr schön gewesen. Und dann fiel mir mein Freund ein, seine Liebe und seine Angst, die ich von dort oben gespürt hatte und ich begann mir Sorgen um ihn zu machen. Ich wollte ihm sagen "Hey, du brauchst keine Angst mehr um mich zu haben, ich bin hier und es geht mir super!" Dieses Gefühl erfüllte mich ganz und motivierte mich. Plötzlich spürte ich keine Spur mehr von einer Depression. Ich war sehr froh darüber und wollte nun wieder wach werden. Ich war bereit!


Es folgte eine Weile der Stille, vollkommene Stille, dann vernahm ich ein Rauschen in meinen Ohren, es war das erste echte Körpergefühl im irdischen Sinn. Ich wusste jetzt, dass sich meine Seele wieder ganz mit meinem Körper verbunden hatte, ich konnte förmlich spüren, wie diese Verschmelzung stattfand. Das Rauschen in den Ohren wurde immer lauter, ich spürte, dass mein Kreislauf zurückkehrte. Das Rauschen wurde leiser und ich hörte deutlich die Geräusche des Festes. Die Erinnerung an das gerade Erlebte war mir sehr präsent. Und nun kam auch die Erinnerung an die Situation davor zurück, dass ich ohnmächtig geworden war. Ich hatte die Augen noch geschlossen und doch wusste ich, wer neben mir auf dem Boden saß. Es war eine gute Bekannte aus meinem Freundeskreis. Sie hielt meine Hand. Ich sagte: "S...., habe ich gesprochen oder mich komisch bewegt?" Denn ich hatte mich ja unterhalten und ich hatte getanzt. Ich befürchtete, dass ich mich in meiner Ohnmacht merkwürdig benommen haben könnte. Sie sagte: "Nein, du hast einfach nur still da gelegen." Da war ich beruhigt. Ich sagte: "Ich hatte eben einen abgefahrenen Traum, da war eine Stimme, die zu mir gesprochen hat und eine Musik, zu der ich mich bewegt habe." Sie sagte: "Ja, ja, werde erstmal wieder ganz wach..." Mein Freund bekam mit, dass ich wieder bei Bewusstsein war und ließ meine Beine erleichtert fallen, sie plumpsten hart auf dem Asphalt auf. Er stand augenscheinlich etwas unter Schock und wurde von seinen Freunden weg begleitet. Es herrschte allgemein große Erleichterung darüber, dass ich wieder wach war. Ich bekam mit, dass der Rettungswagen eingetroffen war und die Sanitäter sich auf dem Weg zu mir befanden. Das wollte ich unbedingt vermeiden. Mir ging es gut, der ganze Trubel um meine Person war mir nur unangenehm. So setzte ich mich auf. Ich bemerkte, dass ich mich ganz klar fühlte, klarer als jemals zuvor. Wie eine Art stattgefundene Reinigung und Klärung. Meine Freunde waren nicht begeistert davon, dass ich mich aufsetzte, aber das war mir egal. So stand ich ganz auf, was die anderen in Panik versetzte, mein Freund kam nun auch wieder herbei und wollte mich stützen. Ich konnte ihn kaum davon überzeugen, dass es mir wirklich gut ging. Es ging mir sogar blendend! Ich wollte auf das Fest und richtig feiern! Meinen großartigen Zustand, meine neu gewonnene Klarheit, mein Erlebnis! Aber dazu kam es nicht. "Bring die mal lieber nach Hause." hieß es von den Freunden meines Freundes. So fuhr er mich zu mir nach Hause. Auf dem Weg schaute ich durch die herunter gekurbelte Fensterscheibe in den Nachthimmel und sagte zu ihm: "Da oben war ich eben."